Essen – Steuerberater Roland Franz, Geschäftsführender Gesellschafter der Steuerberatungskanzlei Roland Franz & Partner (https://www.franz-partner.de) in Essen und Velbert, weist auf das Urteil (v. 23.11.2022, VI R 50/20, veröffentlicht am 16.2.2023) des Bundesfinanzhof (BFH) hin, indem es heißt: „Die Erstattung von Telefonkosten für einen vom Arbeitnehmer abgeschlossenen Mobilfunkvertrag durch den Arbeitgeber ist auch dann nach § 3 Nr. 45 EStG steuerfrei, wenn der Arbeitgeber das Mobiltelefon von dem Arbeitnehmer zu einem symbolischen Preis erworben hat und es dem Arbeitnehmer unmittelbar danach wieder zur privaten Nutzung überlässt.“
Der Hintergrund des Urteils:
Die X-KG (ein Verlag) kaufte im Jahr 2015 von mehreren Arbeitnehmern deren gebrauchte (privat angeschaffte) Handys zu einem symbolischen Kaufpreis (1 Euro und 6 Euro). Zeitgleich schloss die X mit diesen Arbeitnehmern jeweils eine Vereinbarung, nach der die X den Arbeitnehmern ein Handy zur Verfügung stellt und die hierfür entstehenden monatlichen Kosten (Grundgebühr, Verbindungsentgelte oder auch Flatrate) bis zu einer festgelegten Höhe übernimmt. Die Arbeitnehmer hatten die Kosten des Mobilfunkvertrags durch Vorlage von Rechnungskopien nachzuweisen. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses musste das Handy an die X zurückgegeben werden.
Die X behandelte die ihren Arbeitnehmern erstatteten Kosten der Handy-Verträge als nach § 3 Nr. 45 EStG steuerfreie Vorteile.
„Das Finanzamt sah darin eine unangemessene rechtliche Gestaltung und erließ gegenüber X einen entsprechenden Haftungsbescheid. Dem widersprach das von der X-KG angerufene Finanzgericht und gab der Klage statt“, erklärt Steuerberater Roland Franz.
Entscheidung: Steuerfreie private Handynutzung.
Der Bundesfinanzhof teilt die Auffassung des Finanzgerichts. Die Revision des Finanzamtes wurde zurückgewiesen. Die Vorteile aus der privaten Handynutzung sind nach § 3 Nr. 45 Satz 1 EStG steuerfrei.
Anhang:
Geldwerter Vorteil
Die unentgeltliche Zurverfügungstellung betrieblicher Mobiltelefone einschließlich der dazugehörigen Netzteile durch die X an ihre Arbeitnehmer (auch) für private Zwecke und die Übernahme der auf private Gespräche (anteilig) entfallende Grundgebühren und Verbindungsentgelte stellen nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG grundsätzlich steuerbare (geldwerte) Vorteile dar. Diese sind durch das Dienstverhältnis veranlasst. Insbesondere besteht kein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse der X als Arbeitgeberin daran, ihren Arbeitnehmern betriebliche Mobiltelefone (auch) zur privaten Nutzung zu überlassen und für die Privatgespräche der Arbeitnehmer aufzukommen.
Betriebliche Geräte des Arbeitgebers
Es handelt sich um betriebliche Geräte der X i.S.v. § 3 Nr. 45 EStG. X war zivilrechtliche Eigentümerin, da sie die Handys von ihren Arbeitnehmern aufgrund wirksamer Kaufverträge (zu Preisen zwischen 1 EUR und 6 EUR) erworben hat. Die Arbeitnehmer waren nicht wirtschaftliche Eigentümer. Sie konnten weder als Leasingnehmer noch aufgrund einer sonstigen, neben dem Arbeitsverhältnis bestehenden Sonderrechtsbeziehung über die Mobiltelefone verfügen. Ihnen war ausweislich der mit der X abgeschlossenen Verträge lediglich der Gebrauch der Geräte während des laufenden Arbeitsvertrags gestattet
Kein Scheingeschäft
Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn sich die Vertragsbeteiligten über den Scheincharakter einig sind und das Vereinbarte nach dem übereinstimmenden Willen keine Geltung haben soll (BFH v. 9.10.2013, IX R 2/13, BStBI II 2014, S. 527, Rz. 29). Folglich ist kein Scheingeschäft gegeben, wenn der von den Vertragsbeteiligten erstrebte Rechtserfolg gerade die Gültigkeit des Rechtsgeschäfts voraussetzt. Dies ist hier der Fall. Denn die Inanspruchnahme der erstrebten Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 45 EStG setzt gerade voraus, dass die X zivilrechtlich Eigentümerin der Geräte wurde. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die abgeschlossenen Kaufverträge nach dem Willen der Vertragsparteien keine Gültigkeit haben sollten.
Keine Versagung der Anerkennung nach dem Fremdvergleichsgrundsatz
„Der Fremdvergleich ist im Streitfall nicht anwendbar. Denn zwischen der X und ihren Arbeitnehmern bestand ein natürlicher Interessengegensatz“, erklärt Steuerberater Roland Franz und fährt fort: „Sie standen sich als wirtschaftlich selbständige Marktteilnehmer gegenüber, bei denen davon ausgegangen werden kann, dass sie ihre jeweiligen wirtschaftlichen Interessen beim Abschluss gegenseitiger Verträge wahren.“ Die Arbeitnehmer verkauften ihre Handys zu einem symbolischen Kaufpreis und erlangten (neben dem Kaufpreis) den Vorteil, dass die X ihnen die Kosten des Mobilfunkvertrages erstattete und das Risiko für Reparaturen, Beschädigungen oder Zerstörung der Geräte trug. Neben dem Arbeitsverhältnis bestanden keine privaten Beziehungen, auf denen die Veräußerung der Handys zu den vereinbarten symbolischen Kaufpreisen hätte beruhen können.
Kein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten
Es liegt auch kein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten i.S.v. § 42 AO vor. Die Kaufverträge und die Übereignung der Geräte an die X stellen vielmehr den wirtschaftlich angemessensten, einfachsten und zweckmäßigsten Weg dar, der X betriebliche Handys zu verschaffen. Dass die X die Handys anschließend wieder ihren Arbeitnehmern überließ, um die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 45 EStG zu nutzen, führt nicht zur Unangemessenheit der Gestaltung. Vielmehr verwirklicht sich dadurch gerade der vom Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehene steuerliche Vorteil. Im Übrigen ist die Höhe der Anschaffungskosten des Arbeitgebers für den Erwerb der betrieblichen Telekommunikationsgeräte im Rahmen der Steuerbefreiung nicht relevant. Der Tatbestand des § 3 Nr. 45 EStG wird durch den Kauf der Geräte bestimmungsgemäß verwirklicht.
Hinweis:
Abweichung von der Verwaltungsanweisung
Die Verwaltung versagt die Steuerbefreiung beim Ankauf eines Handys vom Arbeitnehmer zu einem symbolischen Preis, da der Kaufvertrag einem Fremdvergleich nicht standhalte, so dass es sich bei dem Handy nicht um ein betriebliches Gerät des Arbeitgebers handele (LSt-Handbuch, H 3.45, Beispiele für die Anwendung des § 3 Nr. 45 EStG: Beispiel 2).
Verwendung der SIM-Karte
Der BFH stellt klar, dass die Erstattung der den Arbeitnehmern entstandenen Kosten der Mobilfunkverträge nur steuerfrei ist, soweit diese auf die Nutzung der betrieblichen Geräte des Arbeitgebers entfallen. Wird die zum Mobilfunkvertrag gehörende SIM-Karte nicht in dem vom Arbeitgeber überlassenen betrieblichen Gerät (z.B. in einem Gerät des Arbeitnehmers oder eines Dritten) verwendet, handelt es sich letztlich um die Übernahme der (anteiligen) Kosten eines privaten Telefonanschlusses des Arbeitnehmers, die nicht nach § 3 Nr. 45 EStG steuerfrei ist (BFH v. 21.6.2006, VI R 50/05, BStBI II 2006, S. 715). Im Streitfall hat das FG jedoch nicht festgestellt, dass die Arbeitnehmer die SIM-Karten in privaten Mobiltelefonen verwendet haben.
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