Europa muss im Rennen um die Entwicklung datengetriebener Geschäftsmodelle wieder aufschließen
Limburg a.d. Lahn, 23. März 2022 – 2022 steht im Zeichen von künstlicher Intelligenz, lernenden Algorithmen, Sensorik und 5G. Das bedeutet eine Vielzahl an produzierten und genutzten Daten. Durch die weltweite Vernetzung von Informationen, Lieferketten und Unternehmen wächst die Abhängigkeit untereinander immer mehr. Der Verein „SEF Smart Electronic Factory e.V.“ (www.SmartElectronicFactory.de) zeigt auf, wie wichtig der richtige Umgang mit Daten ist und wie die kollaborative Nutzung von Big Data erleichtert werden kann – im Sinne eines selbstbestimmten Handelns in der industriellen Wertschöpfung.
Die neuen Technologien und die mit ihnen verbundenen Geschäftsfelder benötigen Daten. Diese werden produziert, genutzt und weitergegeben. Das verändert die Wertschöpfung und hat Auswirkungen darauf, wie gearbeitet und kommuniziert wird. Damit Daten wertvoll werden, müssen sie interpretiert werden. So lassen sich wertvolle Rückschlüsse ziehen.
Maria Christina Bienek, Geschäftsführerin des SEF Smart Electronic Factory e.V., erklärt: „Das können beispielsweise Rückschlüsse sein, die auf fehlerhafte Prozesse, wirtschaftliche Zusammenhänge oder menschliches Verhalten schließen lassen. Die Interpretation von Daten birgt daher auch Gefahren beim Teilen der Daten. Darum fällt der Hoheit über die eigenen Daten große Bedeutung zu. Für die Zusammenarbeit über Unternehmensgrenzen hinweg sind zum einen souveräne und sichere Datenräume erforderlich und zum anderen müssen Möglichkeiten bestehen, den Wert der Informationen zu bewerten und zu sichern.“
Gesellschaftlicher Wandel durch künstliche Intelligenz
Die Verschiebung in der Wertschöpfung führt auch zu einem gesellschaftlichen Wandel, der in besonderem Maße zukünftige Generationen betreffen wird. Bereits heute verändern sich Berufe durch Digitalisierungsmaßnahmen wie den Einsatz künstlicher Intelligenz (KI).
Maria Christina Bienek sagt: „Die einschneidenden Veränderungen betreffen längst nicht nur Facharbeitende auf dem Shopfloor oder Werkführende, deren Auftragsplanung zum Beispiel durch algorithmische Berechnungen ersetzt wird. Auch kreative Berufe sind zunehmend von dem Wandel betroffen. Es gibt bereits vielfältige Beispiele für künstliche Kreativität. Sie kann schreiben, malen oder komponieren. Wenn Algorithmen aber auch zur Steuerung gesellschaftlicher Prozesse eingesetzt werden, entscheiden diese zunehmend über individuelle Lebenschancen. Perspektivisch gesehen wird KI viele Entscheidungen übernehmen und auch ganze Berufe ersetzen.“
Experten halten es für realistisch, dass Menschen in Zukunft viele Entscheidungen, privat oder beruflich, durch Algorithmen tätigen oder zumindest absichern. Dabei kommt den selektiven Informationszugängen eine besonders gefährliche Bedeutung zu. „Bereits heute werden uns Informationen abgestimmt auf unser Such- bzw. Verweilverhalten präsentiert. Obwohl der Zugang zu Informationen nie leichter war als im heutigen Internetzeitalter, erschwert dies die Orientierung. Der Mensch trifft zwar eine Entscheidung, wird aber durch Analysen geleitet. Das bedeutet auch, dass zukünftige Trends durch Algorithmen vorgegeben werden“, erklärt Maria Christina Bienek.
Demokratien sind durch gelenkte Informationen gefährdet
China kauft sich bereits seit Jahren weltweit in bedeutende Handelsplätze und Unternehmen ein. Durch die Mobilfunktechnik stecken bald weltweit funktionsrelevante Elemente aus chinesischer Produktion in allen Informationsverbindungen. Demgegenüber steht die Abschottung der eigenen Daten durch eine eigene Cloud und Datenregulationen. Russland wird vermutlich diesem Vorbild folgen.
Der Westen hat sich mit der chinesischen Daten-Politik arrangiert und diesen Umstand akzeptiert. Die „westlichen“ Informationen dagegen sind offen und können theoretisch von allen genutzt werden. In diesem Ungleichgewicht besteht vorallem eine politische Gefahr. Am Beispiel Chinas zeigt sich, wie dieses Land die Macht der Informationen nutzt, um seine Bürger zu lenken. Revolutionen und Machtwechsel werden in zentral regierten Staaten immer schwieriger und Demokratien können durch gelenkte Informationen immer leichter destabilisiert werden.
Lösungen für souveräne Datennutzung
Maria Christina Bienek sagt: „Wer in dieser vernetzten Welt die Entwicklungsrichtung vorgibt, wird den größten Einfluss auf die Datenströme haben. Es muss sichergestellt werden, dass Domänen-Know-how in Europa geschützt wird und digitale Technologien zu neuen tragenden Geschäftsmodellen ausgebaut werden können. Die Schaffung einer souveränen Dateninfrastruktur wie Gaia-X ist ein Schritt in die richtige Richtung.“ Die Expertin fährt fort: „Wir stehen vor der Herausforderung, digitale Lösungen zu kreieren, die souveräne und sichere Datennutzung ermöglichen. Europa sollte im Rennen um die Entwicklung datengetriebener Geschäftsmodelle schnell wieder aufschließen. Wenn wir die Herausforderungen nicht annehmen und maßgeblich gestalten, werden dies andere Länder bzw. Unternehmen anderer Länder für uns tun“, erklärt Maria Christina Bienek.
Der SEF Smart Electronic Factory e.V. ist ein im Jahr 2015 gegründeter Verein, der Industrie 4.0-fähige Lösungen – mit Fokus auf die Anforderungen des Mittelstandes – entwickelt. In der Smart Electronic Factory, eine Elektronikfabrik in Limburg a. d. Lahn, werden Industrie 4.0-Szenarien und -Anwendungen unter realen Produktionsbedingungen entwickelt und erprobt. Der Verein setzt sich aus verschiedenen Unternehmen sowie universitären Einrichtungen und Instituten zusammen. Zentrale Zielsetzung ist es, Unternehmen den Weg in die vierte industrielle Revolution zu ebnen. www.SmartElectronicFactory.de
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